Willkommen am Marienmarkt: Bei den Pichlers ist Hopfen und Malz … gewonnen!
Meine Stadt fürs Leben … darf sich jetzt wieder auch als Brauerei-Stadt bezeichnen. Mit ihrer Brauerei „Hopf’n G‘stopfte“ haben Simone & Martin Pichler, beide ausgebildete Biersommeliers, dem Marienmarkt zusätzliche Frische, Fröhlichkeit und Leichtigkeit des Seins gebracht. Sieger sehen genau so aus.
Die Mikro-Brauerei der beiden Wiener Neustädter schaffte auf Anhieb einen Makro-Erfolg: Sie wurde bereits nach wenigen Monaten zur beliebtesten Mikro-Brauerei Niederösterreichs gewählt. „Auf gebaut, kommt’s nicht an“, weiß man. Auf gebraut aber schon. Simone Pichler ist seit 16 Jahren erfolgreiche Gastronomin, die mit ihrem Mann Hopfen, Malz, Wasser und Hefe in Köstlichkeiten verzaubert. Die Kundschaft des „Klassen-Bieres“, übrigens ein Vorzugsschüler, reicht von Payerbach, über Kitzbühel bis nach Honolulu.
Geschätzte Braumeisterin! Hopfen, Malz, Hefe und Wasser – vier Zutaten, klingt leicht, scheint einfach. Was macht ein gutes Bier noch oder besonders aus? Simone Pichler: Die Liebe. Alles was man mit Liebe, Begeisterung und Ehrgeiz macht, wird gut.
Simone Pichler mit ihrer Auszeichnung von Falstaff (Foto: Busy Shutters)
Was sind für Sie die Zutaten für eine lebenswerte Stadt? Eine schwierige Frage. Es muss eine perfekte Balance zwischen Arbeit und Freizeit existieren. Einen guten Nahverkehr für die täglichen Wege, Grünräume für die Abkühlung im Sommer, breite ärztliche Versorgung, vielfältige Gastronomie und besonders wichtig: „alles für die Kinder“. Bildungsangebot, Sportvereine, Schwimmbäder, Radwege, Kulturangebot. Und all das finde ich in Wiener Neustadt.
In der Gastronomie sind Sie Jahrzehnte, Ihr Mann ist auch Bierexperte. War die Gründung strategische Planung oder aus einer Bierlaune heraus? Da kommen wir wieder zum Unwort des Jahrzehnts: COVID-19. In der Gastronomie waren wir ja einige Monate durchgehend geschlossen. In der zweiten doch langen Schließungsphase habe ich mir gedacht, bilde dich weiter und mach‘ die Ausbildung zur Bier-Sommeliere, das bringt dich in deinem Beruf weiter. War eine große Herausforderung, auch der Kurs musste online abgehalten werden und ich habe den Brauprozess aus den Unterlagen heraus nicht verstanden. Ich habe dann die Zutaten besorgt, Kochtopf auf den Herd gestellt und das erste Bier gebraut. Das war der Start, da bin ich dann wirklich reingekippt. Die hausgebrauten Biere bekamen durchaus gutes Feedback, da wurde dann die Idee geboren von einem Bierlokal mit eigenem Bier, was kann da besser passen.
Die Gäste lieben die hausgebrauten Biere (Foto: Busy Shutters)
Was ist eine Mikro-Brauerei? Eine kleine Brauerei. Wenn man an Brauereien denkt, hat man große Gelände wie in Ottakring oder in Salzburg vor Augen. Wir haben das ganze in einen kleinen Marktstand gepackt und können in einem Braugang an die 130 Liter Bier brauen.
Das Bier ist nach Ihrem Sohn Max benannt? Dann ist das Stadtbier also ein liebliches, aber sehr aufgewecktes Bier? Jeder der mich oder meine Familie besser kennt, mutmaßt dies tatsächlich, aber die Geschichte hinter diesem Namen ist doch ein bisschen Stadtgeschichte. Gewidmet ist das Bier einem großen Sohn unserer Stadt, Kaiser Maximilian I. Ich hab es dann liebevoll MAX genannt. Aber mein Max, freut sich jedoch auch, wenn man Ihn ins Spiel bringt.
Bier kann salzig, süß, herb und mild sein, es kann seifig, aber auch blumig und fruchtig riechen, klar, trüb oder auch blank aussehen. Wo ist das „MAX, das Stadtbier“ einzuordnen? Eindeutig „hell und süffig“. Ich persönlich hätte nie zum Brauen begonnen, wenn es nur um das klassische Märzen bzw. Helle ginge. Fakt ist jedoch, dass Herr und Frau Österreicher das Helle lieben und mit einem salzigen Stadtbier hätten die Wiener Neustädter*innen wohl nicht so viel Freude gehabt.
Das Stadtbier MAX, gewidmet Kaiser Maximilian I. (Foto: Busy Shutters)
Sie sind heuer mit Ihrem Pub „Siegl’s“ umgezogen, nicht weit, nur eine Parallelverschiebung am Hauptplatz, gleich im Anschluss an die Brauerei. War das DIE Entscheidung? Ja, das war definitiv die richtige Entscheidung.
Sie wohnen am Akademiepark, sind mit Ihren Lokalen in der Innenstadt angesiedelt. Mit Ihren Gastro- und Szenen-Lokalen haben Sie einen Mehrwert geschaffen. Zieht der Hauptplatz an? Ist er Magnet? Wieder eine schwierige Frage. Ich denke, im Gegensatz zur Gastronomie am Stadtrand oder in den Einkaufszentren bietet der Hauptplatz schon eine besondere historische Kulisse. Vor allem abends im Sommer über den Hauptplatz zu schlendern und in dem einen oder anderen Schanigarten zu verweilen ist ein Stück Lebensqualität.
Zurück zum Bier brauen. Hopfenstopfen ist ein Fachausdruck im Brauvorgang. Ihre Brauerei haben Sie „Hopf’n G’stopfte getauft. Klingt aber auch nach Reichtum durchs Bier brauen? Reich werde ich durch das Bierbrauen sicher nicht. Den Namen hab ich tatsächlich nach dem Fachbegriff gewählt. Ursprünglich wollte ich meine Brauerei „HEFENMAMA“ nennen, da hat mein Mann jedoch gemeint, dass dieses Wortspiel bei so manch einer Besucher*in der Innenstadt nicht so gut ankommen könnte.
Das Siegl’s am Markt: Die Gäste lieben gutes Essen und gutes Trinken (Foto: Busy Shutters)
Ein anderer, über die Grenzen hinweg berühmter Wiener Neustädter, Karl Merkatz, verteidigte einst sein Bier mit aller verbaler Urkraft, mit einem Faustschlag auf den Tisch als Unterstützung, dass sein Bier nicht deppert sei. Was ist Ihr Bier? Mein Bier ist super!
Da braut sich ’was zusammen, hat eher negativen Anstrich. Wann sagen Sie: „Das ist nicht mein Bier?“ „Des is ned mei Bier,“ übersetze ich mit, dass mich ein Thema nichts angeht. Ich habe meine Meinung zu vielen Themen und vertrete diese auch nach außen.
„Schau, trau, wem“, ist ein Walzer von Johann Strauss Sohn, gilt aber auch für Vorsicht. Beim Bier geht es auch um Quantität vor Qualität und um Güte und Verlässlichkeit. Neu ist in Meiner Stadt für Leben „schau, brau, frau“ – Bier ist weiblich. In der Produktion wie In der Konsumation? Beides. Prost
Zum Schluss gibt’s noch was zum Gustieren aus der Sommerküche:
Reinhold Schärf hat den Familienbetrieb von der Blüte bis zur Hochblüte gebracht – heute werden jährlich einige Millionen Tassen Schärf Kaffee in Kaffeehäusern in Europa serviert. Hier verrät er, warum er morgens immer eine halbe Stunde früher aufsteht, als er muss und was er über „Coffee to go“ denkt.